Eine ganz normale Chorprobe  

oder 

Send dia Tenöre jetscht Männa oder edda?



19:00 Uhr Der Chorleiter und eine handvoll Sänger treffen ein (zwischen zwei und acht; je nach Wetterlage dürfen's auch ein bissele meh sei!)
19:12 Uhr Das Klassenzimmer füllt sich langsam, ca. 89% der Sängerinnen und 74% der Sänger sind anwesend.
19:14 Uhr "Abber i muas doch so dringend!" - Die hektische Suche nach dem Kloschlüssel beginnt.
19:17 Uhr Hans-Heinz trifft ein. Dies ist der magische Moment, in dem man davon ausgehen kann, dass alle da sind!
19:18 Uhr Es folgt die obligatorische Frage, woher man neue ... (hier ist wahlweise einzusetzen Tenöre, Bässe, Männer, Sopräne) bekommen kann.
19:19 Uhr Der Alt diskutiert in aller Ausführlichkeit die Ereignisse des Wochenendes. (Dies hält in der Regel bis zum Ende der Chorprobe an.)
19:20 Uhr Machtwort des Chefs. Versuch einer Einsingübung.
19:21 Uhr "Jetzt nicht erschrecken – ja, man muss das immer wieder sagen, weil’s immer noch welche gibt, die trotz der Warnung zusammenzucken..." – Hoppla! "Da unta musch´neiatma. Kräftig neiatma. Kräftiger. I kann die ja no fortschieba." (Meist ist die Leidtragende bei dieser Übung Gerda. Aber sie trägt's mit Fassung!)
19:22 Uhr "In einen Baumstamm hackt der Specht..." Ein scheinbar unlösbares Problem für die Neuen: Wie heißt dieser besch.. äh bescheidene Text nochmal?
19:23 Uhr "Wie heißt das nochmal. Das Stück mit der Quinte? Jetzt sag' doch schon." "Aber ich weiß es doch nicht." - "Ha doch, des eine..." – Once again
19:26 Uhr Protest aus dem Alt: "Des isch jetzt echt z' hauch!"
19:27 Uhr Verwunderung des Chorleiters: "Aber en Alt muas eigentlich noch viel heher komma... Guck mal Gerda. Da in die Hohlräume musch `neisinga. Mach´ mal. -- Na sisch, ´s wird doch scho besser."
19:32 Uhr "Oli, guck' nicht so g'quält. Ganz locker bleiben."
19:33 Uhr "Ulrike, jetzt nimm doch mal die Hände aus der Tasche..."
19:35 Uhr "Silent night", damit man im Oktober auch so richtig in Weihnachtsstimmung kommt. Zuerst werden aber die Fenster geschlossen, damit zufällig vorbeikommende Spaziergänger nicht an ihrem Verstand zweifeln, weil sie bei sonnigem Herbstwetter Weihnachtslieder hören.
19:37 Uhr "Höher! Ihr werdet immer unkonzentrierter, ihr im Sopran. Nochmal."
19:58 Uhr Das Gesicht des Chorleiters lässt erahnen, dass irgendwas nicht so war, wie's sein sollte. Was genau? Wer weiß das schon. Wechsel zu "Marys little boy chile".
20:02 Uhr "Leute, das ist ein Calypso. Stellt euch die mal alle in so Honolulu-Röckchen vor, wie sie bei 40° im Schatten um den Weihnachtsbaum tanzen." Der Vorschlag, das nächste Mal zwecks der besseren Vorstellung in dieser Kleidung zu erscheinen, wird dankend abgelehnt.
20:10 Uhr Beginn einer intensiven Proberei, die um
20:28 Uhr einen nassgeschwitzten Chorleiter zur Folge hat, sowie eine ganze Menge ausgepowerter Sänger.
20:29 Uhr "Wer singt denn da Sopran eins?" - "Kein Sopran eins da..." - "Wer fehlt da?" - "Uli ist wohl wieder bei dem Theater."
20:32 Uhr Sabine wird in den Sopran gewechselt. Glücklich ist sie darüber nicht, aber was ist schon das Glück des einzelnen, wenn dem ganzen Chor geholfen werden kann? Außerdem lächelt sie noch tapfer. (Das mit Sabine ist gerade nicht aktuell, weil sie eine Sangespause einlegt. Aber wir lassen's drin, weil wir sicher sind, dass sie wiederkommen wird. Gell, Sabine? Wir tun di halt scho vermissa. Nur dass desch weisch.)
20:43 Uhr Im Eifer des Gefechts kollidiert der Chorleiter mit dem Klavier. Es folgt ein längerer Monolog, wer so doof sein kann, das Klavier so hinzustellen...
20:45 Uhr "Marys little boy chile" wird weggelegt.
20:46 Uhr Sabine flieht wieder in den Alt. (Auch das wird sie in Zukunft hoffentlich wieder tun!)
20:47 Uhr Die Tübinger werden langsam nervös.
20:50 Uhr Großer Auftritt für die Tenöre in "Little town of Bethlehem". Verschiebt sich um 5 Minuten, weil alle Tenöre außer Oli verrzweifelt nach ihren Noten suchen.
20:55 Uhr Vortrag des Chorleiters, dass man inzwischen die Sachen ja wirklich auswendig können sollte.
20:58 Uhr "Little town of Bethlehem" 1. Versuch. Scheitert an den Tonvorgaben des Chefs.
21:00 Uhr "Little town of Bethlehem" 2. Versuch. Scheitert an Sopran und Alt, die nicht leise genug einsetzen.
21:02 Uhr "Little town of Bethlehem" 3. Versuch. Scheitert am Einsatz der Tenöre.
21:03 Uhr "Little town of Bethlehem" 4. Versuch. Scheitert an der zweiten Strophe.
21:04 Uhr "Little town of Bethlehem" 5. Versuch. Wird unterbrochen von "Oli mach' nicht so ein Gesicht".
21:05 Uhr "Little town of Bethlehem" 6. Versuch. Scheitert daran, dass der Dirigent nicht weiß, wann das Stück zu Ende ist.
21:06 Uhr "Little town of Bethlehem" Letzter Versuch, weil jetzt reicht's.
21:07 Uhr Die Nervosität hat sich gelegt. Der Zug ist inzwischen eh weg.
21:11 Uhr Neues Spiel, neues Glück: "The first noel".
21:12 Uhr Chorleiter bricht ab, weil er Wolf immer noch nicht kennt.
21:13 Uhr "Ach so, das war Absicht. Ich kann mich nicht erinnern, dass er das schon mal gemacht hat..."
21:16 Uhr Falscher Ton. Vorsichtige Frage vom Chorleiter: "War des jetzt wieder Absicht????"
21:21 Uhr "Oh nein, ihr habt alles wieder vergessen. Wir hatten doch letztes Mal ausgemacht, dass..." Verzweifelter Blick des Chorleiters in die Runde. Zustimmung der Sänger bleibt aus. Wer weiß auch schon, was letzte Woche war... Also nochmal: "Sopran Alt Tenöre Männer..." Die Tenöre sind mal wieder beleidigt, weil sie nicht zu den Männern gezählt werden.
21:23 Uhr "The first Noel" Ende. Kurze Pause zur Erörterung der Frage, warum Peter Straub eigentlich nicht da ist.
21:25 Uhr Da Peter sich nicht herdiskutieren lässt, wird halt weiter ohne Klavierbegleitung geprobt.
21:26 Uhr "Elijah Rock". Das Stück für die Bässe. Sie schlagen sich auch tapfer, es könnte alles so schön sein, wenn da nicht der Sopran wäre... Immer zu tief. Aber man muss sagen: Wenigstens konsequent. Hin und wieder fehlen im Sopran 2 oder Alt 2 noch ein paar Töne aber so alles in allem: 's passt scho.
21:55 Uhr Wie, war das noch nicht alles? Aber nein. Weiter geht's mit "Oh Tannenbaum". Oder besser: es sollte weitergehen. Aber: diesmal ist es der Alt, der verzweifelt irgendwelche Noten sucht...
22:00 Uhr "Oh Tannennenbaum, oh Tannenen- heißt das. Wer da nochmal Baum singt, zahlt eine Runde!" And the winter is easy...
22:01 Uhr Ende der Probe, was das Singen betrifft, da die Konzentration sehr zu wünschen übrig lässt.
22:02 Uhr Wer? Wie? Was? Wo? Warum? Die nächsten Termine, offene Fragen und Ähnliches...
22:05 Uhr Zum Abschluß: "Have a holly jolly christmas"


Das mag sich zwar etwas chaotisch anhören, aber Spaß macht's immer!

Judith Bentele

© Sebastian Bentele Oktober 2002 | nach oben
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